Am vergangenen Donnerstag fuhren zwei Geschichtskurse der Jahrgangsstufe 13 der Goetheschule Wetzlar nach Suhl (Thüringen). Dort erfuhren sie etwas über die ehemalige DDR und besichtigten die frühere Untersuchungs-Haftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Höhepunkt der Veranstaltung war ein Treffen mit den Zeitzeugen Bernhard Fey und Dr.Joachim Gauck. Im Rahmen eines Projekttages hatten die Landeszentralen für politische Bildung Hessen und Thüringen die Kurse der Geschichtslehrer Thomas Göttlich und Rüdiger Gerlach nach Suhl eingeladen. Zunächst besuchten die Geschichtskurse die für die Stasi-Unterlagen zuständige Behörde (BStU-Außenstelle), um mit Hilfe eines Films Einstieg in das Thema zu finden. Im Anschluss daran berichtete der Zeitzeuge Bernhard Fey von seinen beiden Fluchtversuchen am Grenzübergang „Point- Alpha“. Bei seinem zweiten Fluchtversuch wurde er durch eine Selbstschussanlage schwer verletzt, sodass man glaubte, er sei tot.

Die Schüler waren von seinen Erlebnissen sehr beeindruckt, aber auch von dem Humor, mit dem er seine Erfahrungen zu vermitteln wusste. Nach einer Mittagspause wurden die Geschichtskurse durch die Untersuchungs-Haftanstalt in der Schleusinger Straße geführt, wobei sowohl die Geschichte des Gebäudes als auch die Haftsituation erläutert wurde. Herr Fey, der 1976 dort inhaftiert war, begleitete sie. Während der Führung durch das Gebäude trafen die Schüler auf den zweiten Kandidaten der diesjährigen Bundespräsidentschaftswahl, Herrn Dr. Joachim Gauck.

Der engagierte Politiker zeigte sich den Schülern gegenüber sehr aufgeschlossen und sympathisch. Besonders interessant waren die Schilderungen der Vergangenheit seiner Familie und seine Ansichten zum ehemaligen DDR- Staat. In diesem erlebte er seine Kindheit und empfand schon früh eine tiefe Abneigung gegen die die Diktatur prägende SED. Obwohl die Jugendorganisation FDJ reichlich Zulauf fand, hielt sich Gauck davon fern: „Das sind meine Unterdrücker und denen kriech’ ich nicht noch in den Arsch!“. Bis heute ist der 70jährige parteilos geblieben. Auf eine Frage, wie er den Mauerfall am 9. November 1989 erlebt habe, antwortete der ehemalige Pfarrer: „Du spürst plötzlich deine Kraft!“. Während des Vortrags galt ihm allein die ganze Aufmerksamkeit; die Schüler waren fasziniert davon, wie es ihm gelang, die Emotionen der Wendezeit in der DDR wieder aufleben zu lassen.