Es ist grauer Tag. Seit Stunden regnet es nun schon ununterbrochen, mal mehr, mal weniger. Die Blicke, die den Lateinlehrer Herr Sturm begrüßen, scheinen sich dem Wetter angepasst zu haben.


Aber diese Stunde, in der wir uns eigentlich mit Ciceros Orationes Philippicae  beschäftigen wollten, sollte die Stimmung der Schüler noch verändern. Zunächst aber holten wir  unsere Unterrichtsmaterialien hervor. Wir hatten noch nicht richtig    angefangen, da klopfte es an der Tür  Sie öffnete sich und wir wurden mit einem Lateinischen Satz begrüßt (War es vielleicht „Morituri te salutant!“?), der allerdings in Herrn Sturm erstauntem Freudenschrei unterging.
Herein kamen sieben ehemalige Latein-LKler, die beschlossen hatten, ihrem Lehrer einen Überraschungsbesuch abzustatten – was ihnen definitiv gelungen war.

Das Gespräch kam auf die berühmte Standarte,das Markenzeichen des LKs. Diese stand jedoch nicht mehr an ihrem gewohnten Platz, über ihren Verbleib wusste niemand etwas – einzig und allein der Adler und die Plakette der Vorderseite waren noch zu finden. Was war geschehen? Wir waren gerade dabei unsere Vermutungen zu äußern (War sie etwa von den Parkettpflegerinnen entführt worden?), als einer unserer Mitschüler, Benedikt, die Bemerkung fallen ließ, er habe etwas, dass wie eine Standarte aussah, in Herr Jendorffs Raum gesehen. Dabei könnte es sich durchaus um das gesuchte Objekt handeln – vorausgesetzt Herr Jendorff habe nicht auch eine Standarte.

Sogleich schickte Herr Sturm Benedikt los, um nachzusehen.  Als dieser weg war, malten wir uns aus, wie Herr Jendorff wohl reagieren würde. Von draußen drangen Geräusche herein, etwas stieß an die Tür. Sie öffnete sich langsam – und da stand Benedikt, samt verschollener Standarte. Zum zweiten Mal an diesem Tag war ein Freudenschrei zu hören.

Herr Sturm schlug vor, diesen Augenblick festzuhalten. Die Standarte musste repariert werden – und dann war da noch die feierliche Übergabe. Also machte er sich auf die Suche nach Holzleim oder sonstigen Hilfsmitteln. Zwar wurde Herr Sturm fündig, aber eine Reparatur war so nicht möglich. Dafür hatte er einen spontanen Fototermin  organisiert, damit doch zumindest die Übergabe festgehalten werden konnte.


Wir packten unsere Sachen und begaben uns ins Erdgeschoss und – tata – es fand sich tatsächlich auch noch eine Heißklebepistole, sodass die Standarte nach einer kleinen Schönheits-OP wieder in altem Glanz erstrahlte. Nun stellte sich noch die Frage: Wer sollte Standartenträger werden? Aber dies wurde recht schnell und einstimmig geklärt: Dem Finder gebührt     die Ehre!

Dann war es soweit: Zwar ohne Musik und im strömenden Regen, aber dennoch gut gelaunt platzierten wir uns auf dem Schulhof.

Ein denkwürdiger Augenblick!