Fünfte Runde des Austauschs der Goetheschule mit Krasnodar zu einem schwierigen Thema

Nachdem die Russisch Lernenden der Goetheschule im Mai gemeinsam mit ihren russischen Gästen aus Krasnodar am feierlichen Konzert "70 Jahre Frieden in Europa" in der Stadthalle Wetzlar teilgenommen hatten, beschlossen die beiden Schulen, den Zweiten Weltkrieg zum Thema der fünften Runde der deutsch-russischen Begegnung zu machen.

Mitte September besuchten acht Schülerinnen und Schüler der Goetheschule für eine Woche ihre russischen Partner am Gymnasium Nr. 25 der südrussischen Großstadt. Auf beiden Seiten nahmen einige schon das zweite Mal an dem noch jungen Austausch teil, sodass die Wiedersehensfreude groß war. Dies galt auch für die begleitenden Lehrkräfte, Helena Krämer und Axel Cordes, die beide zum dritten Mal den Austausch leiteten.

Anders als in den Vorjahren besuchten die deutschen Gäste keinen Unterricht an der gastgebenden Schule, sondern stürzten sich gleich in die Arbeit an dem Projektthema. Zunächst stellten russische Schülerinnen und Schüler in Form von Filmen und Vorträgen eigene Arbeiten zum Thema "70 Jahre Sieg" vor, darunter die Geschichte der im Krasnodarer Gebiet berühmten Partisanen-Brüder Ignatow, an deren Grab unweit der Schule russische und deutsche Schülerinnen und Schüler später Blumen niederlegten.

Im Rahmen eines Ausflugs in die 150 km entfernte Hafenstadt Noworossijsk am Schwarzen Meer erfuhren die Gäste, warum die Stadt den Titel einer Heldenstadt tragen darf: Dort fand 1943 eine sieben Monate wütende erbitterte Schlacht um die von Deutschen besetzte Stadt statt. An der Stelle der damaligen Landung erzählte die Reiseführerin lebendig und anschaulich von dem entsetzlichen Blutbad und besuchte mit den russischen und deutschen Besuchern das beeindruckende Denkmal "Malaja Semlja" (Kleine Erde), das an die verlustreiche, mit der Rückeroberung der Stadt endende Schlacht erinnert.

Am längsten in Erinnerung bleiben werden Schülern und Lehrkräften wohl die Erzählungen dreier Weltkriegsveteranen. Die 90- bis 93-jährigen, teilweise mit ordensgeschmückter Uniform bekleideten ehemaligen Rotarmisten erzählten sachlich und ernsthaft von ihren Einsätzen im Verteidigungskrieg an der Kaukasusfront, aber auch vom Vordringen der sowjetischen Soldaten bis nach Berlin. Auch wenn sie ihrer gebannten Zuhörerschaft allzu blutige Details ersparten und auch die eine oder andere leichtere Episode erzählten, hinterließen sie bei allen tiefen Eindruck: einerseits aufgrund des von ihnen Erlebten, andererseits aufgrund ihrer respektvollen Haltung gerade gegenüber ihrem deutschen Publikum. Nikolaj Tichnenko etwa bezeichnete die Deutschen, die er damals bekämpfte, durchgehend als Gegner, und alle drei Veteranen betonten ihr Anliegen, mit ihren Erinnerungen auch dazu beizutragen, dass solch ein schrecklicher Krieg nie wieder geschehen dürfe.

Zum Ende des Krasnodarer Projektteils sang ein Mädchenchor der Schule einige während des Kriegs entstandene Lieder, darunter das bekannte "Kalinka". Am besten fasst jedoch das Lied "Tag des Sieges" den russischen Blick auf das Kriegsende zusammen: "Das ist Freude mit Tränen in den Augen."

Fortgesetzt wird das von der Stiftung Deutsch-Russischer Jugendaustausch geförderte Projekt kurz nach den Osterferien im April 2016. Dann besuchen die Krasnodarer die Goetheschule.

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