Eine ganz besondere Auszeichnung hat jetzt die Geschichts-AG der Wetzlarer Goetheschule erhalten. Für ihr Projekt „Die Akte Mackauer“ erhielten die Mitglieder den Lina-Muders-Preis, den der SPD-Stadtverband Wetzlar jährlich vergibt. Mit dem Preis sollen Gruppen und Personen ausgezeichnet werden, die sich für ein tolerantes Miteinander sowie gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Diskriminierung einsetzen und somit den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken.

Hannah Fink, Charlotte Hellhund, Hanna Kalder, Peer Reis und Till Schäfer hatten gemeinsam mit Geschichtslehrer Dr. Holger Sturm, der die AG leitet, das Schicksal Christian Wilhelm Mackauers erforscht. Der 1897 geborene ehemalige Lehrer am Goethegymnasium in Frankfurt wurde aufgrund seiner Ehe mit der jüdisch-stämmigen Clara Mackauer geb. Oppenheimer im Jahr 1934 von den Nationalsozialisten zunächst an die Wetzlarer Goetheschule strafversetzt und 1936 zwangspensioniert. Gemeinsam mit dem Verein „Wetzlar erinnert e.V.“ sorgte die Geschichts-AG dafür, dass seit kurzem eine Gedenktafel an der heutigen Goetheschule an Mackauer erinnert.

Im Rahmen der Feierstunde im Nachbarschaftszentrum Niedergirmes betonte Oberbürgermeister Manfred Wagner die Bedeutung der Verleihung des Demokratiepreises, der nach einer Wetzlarer Sozialdemokratin benannt ist. Lina Muders engagierte sich ab 1933 im Widerstand gegen den Nationalsozialismus und nach dem Zweiten Weltkrieg unter anderem in der Arbeiterwohlfahrt. In Anbetracht aktueller Entwicklungen sei es nötiger denn je, sich für die Werte des Grundgesetzes einzusetzen, sagte Wagner. Alle seien gefordert alles zu tun, damit es weiterhin möglich sei, ein Leben in Würde miteinander zu führen und damit sich Geschichte nicht wiederhole.

Sandra Ihne-Köneke, Fraktionsvorsitzende der Wetzlarer SPD und Moderatorin der Feierstunde, sagte, es sei wichtig auch weiterhin über die Ereignisse aus der Zeit des Nationalsozialismus zu berichten, um die dahinterliegenden  Prozesse zu verstehen. Deshalb sei sie sehr froh darüber, dass die Geschichts-AG der Goetheschule mit dem Lina-Muders-Preis ausgezeichnet werde.

Die Laudatio auf die Schülergruppe hielt der Solmser Bürgermeister und SPD-Landratskandidat Frank Inderthal. Er sagte, die Schülerinnen und Schüler seien vor allem aus zwei Gründen zu Recht für den Preis ausgewählt worden. Zum einen seien sie den Dingen auf den Grund gegangen und hätten genau hingeschaut. Zum anderen hätten sie daraus Lehren gezogen und die Fragen gestellt: Was bedeuten die in einem bestimmte historischen Zusammenhang gewonnen Kenntnisse für uns heute, was bedeuten sie für jeden einzelnen ganz persönlich und welche Folgen könne man daraus ziehen? Als Antwort auf diese Fragen habe die Geschichts-AG sich dafür eingesetzt, die Ergebnisse ihrer Arbeit in Form der Gedenktafel öffentlich zu machen, um an Christian Wilhelm Mackauer zu erinnern. Dadurch habe die Gruppe Verantwortung übernommen, zur Stärkung des demokratischen Bewusstseins beigetragen und die Auszeichnung somit wahrhaftig verdient.    

Im Namen der Geschichts-AG dankte Dr. Holger Sturm allen Rednern für die wertschätzenden Worte. Die Auszeichnung und somit die erfolgreiche Arbeit der AG sei auch darauf zurückzuführen, dass man sich an der Goetheschule sehr wohlfühle und dass die Schulleitung dieses und andere Projekte bestmöglich unterstütze. Die Möglichkeit Schülerinnen und Schülern, Eltern und dem Kollegium aber auch der gesamten Wetzlarer Öffentlichkeit Arbeitsergebnisse zu präsentieren, machten die „bisweilen totstaubige Arbeit im Archiv“ lebendig, sagte Sturm. Plötzlich könne man etwas bewirken und sichtbare Zeichen setzen. Er betonte aber auch, die Auszeichnung mit dem Lina-Muders-Preis könne kein Schlusspunkt sein. Die AG werde weiter zur Geschichte der Goetheschule forschen, die eng mit der Wetzlarer Stadtgeschichte verbunden sei, um auf diese Weise gegen menschenverachtende und verfassungsfeindliche Ideologien vorzugehen. „Wir werden weiterhin sichtbare Zeichen von Engagement und Zivilcourage senden, um unser allerwichtigstes Gut und Wohl zu schützen: unsere Demokratie!“

 

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