Wetzlar / Ilmenau (fst). Wie lebten Menschen in einem Staat, in dem man ständig Gefahr lief, bespitzelt oder selbst als Spitzel für das Ministerium für Staatssicherheit angeworben zu werden? Was trieb Menschen im Jahr 1989 dazu, offen ihren Protest gegen die DDR-Staatsmacht zu erheben? Wie erlebten Menschen in Ost und West die Wendezeit und wie gehen sie heute damit um? Diesen und vielen weiteren Fragen gingen jetzt, 20 Jahre nach dem Mauerfall, Schüler der Wetzlarer und der Ilmenauer Goetheschule sowie der Wetzlarer Eichendorff-Schule gemeinsam nach. Das anstehende Doppeljubiläum 20 Jahre „Friedliche Revolution“ im Herbst ´89 und „Deutsche Einheit“ 1990 bot den Anlass dazu. Vom 2. bis 5. Juni trafen sich deshalb 15 Wetzlarer und 19 Ilmenauer Schüler in Begleitung von Lehrern und Schulleitung in Ilmenau, um hier sowie in Erfurt an dem gemeinsamen Projekt zu arbeiten. Dazu gehörten Zeitzeugengespräche, Recherchen in der Stasi-Unterlagen-Behörde in Erfurt sowie die Besichtigung des ehemaligen Erfurter Stasi-Gefängnisses. Auf Wetzlarer Seite zeichneten die Geschichtslehrer Ulrike Rau und Werner Koch für die Organisation des Projektes verantwortlich. Schirmherrin der Veranstaltung war die thüringische Landtagspräsidentin Prof. Dr. Dagmar Schipanski.

Nach der Projekteröffnung in der Ilmenauer Jakobuskirche durch den ehemaligen Superintendenten Michael Köhler, der die Situation im Herbst ´89 in Ilmenau schilderte, folgte ein Empfang bei Ilmenaus Oberbürgermeister Gerd-Michael Seeber. In Arbeitgruppen widmeten sich die Schüler dann einem ersten Zeitzeugengespräch mit dem ehemaligen Ilmenauer Pfarrer Gerhard Sammet und anschließend Quellenarbeit mit Dr. Matthias Wanitschke von der Stasi-Unterlagen Behörde. Den Donnerstag Tag verbrachten die Schüler zunächst in Erfurt, bevor sie am Nachmittag mit der Vorbereitung der abschließenden Präsentation ihrer Ergebnisse begannen. Diese stand nach einem weiteren Zeitzeugengespräch am Freitag auf dem Programm.

Die Präsentation eröffneten die beiden Schulleiter Volker Rusch (Goetheschule Ilmenau) und Dieter Grebe (Goetheschule Wetzlar). Sie bedankten sich bei den Gremien der beiden Städte und der beiden Kreise für die ideelle und materielle Unterstützung, bei den Kollegen und den Schülern für die großartige Arbeit. Landtagspräsidentin Schipanski betonte, wie wichtig es sei, dass, in diesem Jahr, in dem immer wieder auf 60 Jahre Bundesrepublik hingewiesen werde, junge Menschen sich auch um die jüngste deutsche Geschichte kümmern. Besonders hob sie hervor, dass sich Jugendliche aus beiden Städten gemeinsam dieser Aufgabe stellen.

Die anschließenden Präsentationen der Jugendlichen stellten auf Plakaten und in einem Videofilm dar, wie in der DDR Menschen bespitzelt wurden, wie Täter zu Opfer und wie Menschenrechte mit Füßen getreten wurden. Durch die Berichte über Zeitzeugengespräche erhielten die Präsentationen eine sehr persönliche und authentische Note. Auch Schipanski zeigte sich beeindruckt und dankte den Schülern und beteiligten Kollegen. Gemeinsam mit der Wetzlarer Delegation, darunter der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Jürgen Irmer, Schulamtsleiter Martin Daus und der Partnerschaftsdezernent der Stadt Wetzlar Karlheinz Kräuter, beschloss man, dass die Präsentation im November in der Wetzlarer Goetheschule, möglichst mit Frau Schipanski als Zeitzeugin, wiederholt werden soll.