Dillenburg (s). Dr. Thomas Zipp, geschäftsführender Gesellschafter von Weber Kunststofftechnik in Dillenburg, überließ dem Oberstufenschüler Leonhard Krombach von der Wetzlarer Goetheschule einen Tag lang seinen Chefsessel.

Mit der deutschlandweiten Aktion des BundesverbandesJunger Unternehmer (BJU) soll bei Schülern das Interesse für wirtschaftliche Zusammenhänge geweckt, Vorurteile gegen das Unternehmertum abgebaut und eine neue Perspektive eröffnet werden für eine mögliche spätere selbstständige Tätigkeit. Denn immer noch haben in der Bundesrepublik im Gegensatz zum Ausland viel zu wenige Schüler und Studenten den Wunsch, einmal selbst eine Firma zu gründen. BJU und Dr. Zipp sind sich einig, dass das Thema "Selbstständigkeit" an den Schulen vernachlässigt wird und Lehrer und Schüler nur vage Vorstellungen haben, wie Unternehmen funktionieren.

Um 08.30 Uhr startete gestern der "Tag im Chefsessel" mit einem 30-minütigen Kennenlern-Gespräch. Anschließend gab es Meetings, Mitarbeiter-Zielgespräche und einen Kundenbesuch mit Werksrundgang. Eine Unterredung mit dem kaufmännischen Geschäftsführer Werner Stubenrauch gewährte weitere Einblicke.

Beeindruckt zeigte sich der Schüler, der ein Studium im Bereich internationales Management anstrebt, dass der "richtige Chef" sich selbst in den stressigsten Situationen ausführlich Zeit für ihn nahm, geduldigt alle Prozesse erklärte und Einblick in seine persönlichen aktuellen Themen gewährte. Dazu zählte auch der Austausch über die Frage, wie Weber die Wirtschaftskrise bisher meisterte.

Dr. Zipp hält es für eine wichtige gesellschaftliche und bildungspolitische Aufgabe, jungen Menschen das reale Wirtschaftsgeschehen zu vermitteln. "Selbst wenn die Schule im Idealfall auf dem neuesten Stand des theoretischen Wissens ist, fehlt doch stets der unmittelbare Praxisbezug. Schließlich bedingt die Lehrerausbildung keine wirtschaftliche Vorbildung oder Erfahrung, auch nicht im Fach Politik& Wirtschaft". Vor dem Hintergrund des in Deutschland rapide sinkenden öffentlichen Vertrauens in die Wirtschaft mit unsäglichen Auswüchsen wie Bankenkrise, Korruption, Steuerhinterziehung, Misswirtschaft und unmoralischen Vorstands-Bezügen, tue Aufklärung über die Faktenlage ohnehin Not.

Weber beteiligt sich nicht nur an der Chefsessel-Aktion, sondern arbeitet auch an dem Projekt "Besondere Lernleistung" mit der Wilhelm-von-Oranien-Schule in Dillenburg zusammen. Der Betrieb bietet laufend Ausbildungs- und Praktikanten-Plätze sowie Stellen für duale Studenten und Diplomanden an. Die Weber-Gruppe beschäftigt über 600 Mitarbeiter; etwa 60 davon sind Nachwuchskräfte, von denen in der Regel mehr als 90 % übernommen werden.